styleREBELLES – modeaffin, meinungsstark, mutig – ein Ü40 Blog über Mode, Beauty, Lifestyle und Reisen für Frauen über 40, 50 und 60

Der Tag, an dem meine grauen Haare wieder haselnussbraun wurden

P1130230In der Nacht, bevor sich alles zuspitzte und ich schließlich zum Friseur ging, um meine graue Haare überfärben zu lassen, dachte ich an Jean Seberg. Ich glaube, Jean Seberg wurde geboren, um diese extreme Kurzhaarfrisur in Weißblond zu tragen. Sie machte sie zu einem unverwechselbaren Typ. Ich dachte auch an die Queen. Ich kann sie mir gar nicht anders vorstellen als mit ihren silbergrauen Löckchen. Sie stehen ihr gut, weil ihr Gesicht markante Konturen und stets eine frische Farbe hat. Ja, die Queen sieht immer so aus, als sei sie im Morgengrauen auf einem ihrer Shetlandponys schon über die Felder rund um Schloss Balmoral geritten.

Die Frisur, die am besten zu mir passt, ist der haselnussbraune Bob. Weil es die Farbe meiner Augen ist, weil es zu meiner Gesichtsform und zu meiner Haut passt. Haselnussbraun ist Teil meiner Identität oder zumindest meines Wunschdenkens über meine Identität. Die Veränderung, die vor sich ging, während meine Friseurin die grauen Haare haselnussbraun überfärbte, war unfassbar. Hätte ich es nicht selbst im Spiegel gesehen, hätte ich es nicht geglaubt. Die Uhr wurde angehalten, ja deutlich zurück gedreht. Innerhalb einer Viertelstunde wurde ich um, und das ist jetzt wirklich nicht übertrieben, zehn Jahre jünger. Die neue Haarfarbe reflektierte das Licht. Meine Augen, die unter dem Grau der Haare matt ausgesehen hatten, nahmen wieder Glanz an. Die Gesichtshaut, die aschfahl und bleich gewesen war, leuchtete. Ich fühlte mich wie neugeboren, so, als ob ich aus einer Sackgasse herausträte und das Leben jetzt wieder ein Füllhorn voller Möglichkeiten wäre. Ich sah aus dem Fenster des Salons. Draußen war Frühling, die Bäume blühten. Alles war ganz einfach wieder wunderschön.

Ich habe den Selbstversuch abgebrochen, weil er mir am Schluss zu deprimierend war und mir permanent schlechte Laune machte. Die grauen Haare haben mich nicht froh gemacht. Ich fühlte mich mit ihnen alt, hässlich und merkwürdigerweise auch arm. Das lag vielleicht an der obdachlosen Frau, der ich kürzlich begegnete. Als ich sie beobachtete, während sie über die Straße schlurfte, hatte ich plötzlich das Gefühl, so enden zu können wie sie. Ich will jetzt nicht melodramatisch werden, denn bei mir besteht nicht die Gefahr, obdachlos zu werden. Ich fand nur, dass ich auf dem Kopf so ähnlich aussah wie sie mit ihrem schütteren, mausgrauen Haar.

Mein Fazit
Vor jeder Frau, die sich langsam die Farbe aus den Haaren heraus wachsen lässt, habe ich den größten Respekt. Mir ist es nicht gelungen, weil mir das Grau meiner Haare nicht gefallen hat. Es war mir zu undefiniert und zu mausig. Ich fing an, mit religiösem Eifer nach Kopfbedeckungen zu suchen, trug ständig Mützen, um die blässlichen Haare zu verbergen oder vermied es ganz, das Haus zu verlassen. Um gegenzusteuern und Farbe ins Gesicht zu bekommen, hätte ich in anderer Hinsicht Aufwand treiben müssen. Wimpern färben, Augenbrauen färben, Make up tragen. Ich habe das abgewogen und mich entschieden, dass für mich der Aufwand geringer ist, wenn ich einmal im Monat die Haare färben lasse. Vielleicht werde ich in einigen Jahren noch mal einen Versuch unternehmen. Aber dann würde ich eins anders machen: Ich würde mir nicht wieder die Farbe langsam aus den Haaren heraus wachsen, sondern sie sofort schneeweiß färben lassen, mir eine markante Brille kaufen und mich von einem Make up-Profi bezüglich eines neuen Looks beraten lassen. Wenn ich meinem jüngeren Ich einen Rat gegeben könnte, dann den: Am besten fängt man gar nicht erst damit an, seine Haare zu färben. Weil es eine Falle ist, aus der man nur sehr schwer wieder heraus kommt.

Aber lassen wir jetzt besser mal die Haare. Über Haare werde ich erst mal kein Wort mehr verlieren.
Falls Sie mehr über meinen Selbstversuch lesen möchten, hier die Links:
Mein Leben mit grauen Haaren: Um ein Haar
Mein Leben mit grauen Haaren: Die Krise und wie man sie überwindet
Mein Leben mit grauen Haaren: Der alte Zeitschriften-Stapel-Test
Mein Leben mit grauen Haaren: George Clooney und meine Nachbarin
Mein Leben mit grauen Haaren: Ein Selbstversuch (2)
Mein Leben mit grauen Haaren: Ein Selbstversuch (1)

Sie möchten diesen Artikel teilen?

2 Kommentare

  1. Karolina
    19/07/2017 / 16:26

    Ich habe mir die Haare einfach rappelkurz abschneiden lassen, dass hat das rauswachsen erträglicher gemacht. Inzwischen ist alles raus, die Haare sind immer noch sehr kurz und ich sehr glücklich. Im Sonnenlicht leuchtet mein Haarschopf und ich muss mir nie wieder Sorgen um den „Ansatz“ machen. Juchhu!

  2. Ursel
    Autor
    20/07/2017 / 22:58

    Ganz ehrlich: Gratulation! Wahrscheinlich geht es nur so. Sollte ich noch mal einen Versuch starten, werde ich es auch so machen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert