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Nora Gomringers Gedichtband „Moden“

Wie bitte? Gedichte zum Thema „Mode“? Aber passt das überhaupt zusammen, weil doch Mode als seicht und Gedichte als schwer gelten? Wie gut es zusammen passt, sehen wir bei Nora Gomringer. Die 35jährige Bachmann-Preisträgerin hat soeben ihren neuen Gedichtband „Moden“ vorgelegt, mit dem sie eine Lyrik-Trilogie vollendet. In „Moden“ beschäftigt sie sich mit dem, was wir tragen, warum wir es tragen und was wir damit ausdrücken. Es geht um Lack und Leder, Kimonos und Dirndl, Uniformen, Haute Couture („Karl. Vivienne. Marc“) und um Modeblogger („Carries junge Schwestern).

Als ältere Modebloggerin, als Carries Mutter sozusagen, kann ich vermelden, dass ich die Gedichte sehr gern gelesen habe, aber zwei haben mich wirklich lange beschäftigt. Darin geht es um eine Frau, die nach der 3. Chemotherapie mit dem Verlust ihrer Haare konfrontiert ist („Nach der dritten fielen alle aus.“) sowie um die Bedingungen, unter denen unsere Kleidung in Bangladesch genäht wird.

NICHTS. WIRKLICH NICHTS
Kokett klingt aus den Truhen, Schränken,
Wänden voller Pellen: Frauenjaulen, Männer
seufzen, sie hätten nichts, wirklich nichts
mehr anzuziehen!
Vielleicht nie etwas besessen.

Sheila, zwölf Jahre, trägt Flipflops, Shorts,
ein Tanktop, alles kann sie nennen
mit nur einem Satz:
Das trage ich, nichts
anderes besitze ich.
Sie näht die Kleidung der Hunde,
Wölfe, der Schafe anderer Sprachen.

Wenn sie Tag und Nacht nichts von der Welt
hört und sieht, für die sie näht,
fragt sie sich, ob sie die Fäden
in die Maschine zieht, um Geister einzukleiden.
Geister großer Größen. Sie fragt sich:
Ob es wirklich Frauen gibt, die ihre Körper
zu so viel mehr wachsen lassen können?
Ob sie so viel zu essen haben?

Wenn wir Sheila sehen könnten,
ihr Nichts, es würd wie alles wiegen.
An unseren kaiserlichen Körpern,
neu gekleidet. Immer neu

Nora Gomringer: Moden, Dresden und Leipzig 2017, Voland & Quist Verlag, mit wunderbaren Illustrationen von Reimar Limmer und einem CD, auf der die Autorin ihre Gedichte vorträgt.

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